If I ever die of a heart attack, I hope it will be from playing my stereo too loud.

Wednesday 18 April 2007

Year Zero

Ich war eigentlich nie der große Fan von Konzeptalben. Zum einen kann so was ganz schön in die Hose gehen wenn man es nicht richtig anstellt und zum anderen finde ich, dass man vielleicht kurz damit Spaß haben kann aber wenn die Musik scheiße oder nur mittelmäßig gut ist, kann das Konzept auch noch so überragend sein. Die CD landet nach einer Woche im Regal und stirbt den elenden Verstaubungstod.

Jetzt kommen aber die Nine Inch Nails - bzw. Trent Reznor - daher und schmeissen eine neue Platte auf den Markt. Mein erster Gedanke war so was wie "Okay, ich werd vielleicht mal reinhören..". Ist recht gute Musik, die ich eigentlich ganz gerne höre, also warum nicht. Während des Hörens habe ich mir dann die eine oder andere Rezension durchgelesen und erfahren, dass es sich um ein Konzeptalbum handelt. Das hat mich gar nicht weiter gejuckt bis zu dem Punkt, an dem das Szenario exakter beschrieben wurde: Amerika in 15 Jahren als totalitärer Staat, die Regierung mischt irgendwelche Drogen ins Wasser.. Verschwörung! Wow! Da ich eine große Vorliebe für utopische/dystopische Bücher habe, konnte das Album direkt schon mal die ersten Punkte sammeln.

Nach einigen Hördurchgängen fiel mir auf, dass auch die Musik auf dem Album einfach grandios ist. Zugegeben, beinahe hätte ich es mir nicht mal angehört, da ich die Single "Survivalism" eher nur lauwarm fand. Aber wenn man sich das Album am Stück anhört, gibt es eigentlich keinen Song, der richtig nervt oder schlecht ist. So weit, so gut. Das Konzept basiert auf einem interessanten Thema, die Musik ist gut, die CD ist thermo-irgendwas und es erscheint ein Hexcode wenn man sie oft genug abspielt oder wenn sie warm wird, mysteriös geleakte songs. Ganz schön abgefahren und echt viel Aufwand für so ein Album. Das gibts in der Zeit der lieblos zusammengeklatschten Plastik-pop Alben nicht oft. Wer da denkt "Mehr geht eigentlich kaum noch", liegt meilenweit daneben.

Trent Reznor liefert ein Gesamtkunstwerk ab, das absolut bis in jedes kleinste, verdammte Detail durchdacht ist und eine Komplexität aufweist wie es - ich nehme mir das jetzt einfach raus - ein Konzeptalbum oder überhaupt ein Album nie geschafft hat - Year Zero. Vielleicht gab es ja schon wirklich sehr Komplexe aber ich zweifele ganz stark an ob die in der Tat so komplex waren. Immerhin setzt sich Year Zero aus ungefähr 30 Internetseiten Schnitzeljagd zusammen und im Prinzip könnte man auch einen Roman á 1984 daraus entwickeln.

Hier mal ein Link zu einer Seite, die ziemlich ausführlich darüber berichtet was Year Zero genau ist und hier gibt es alles, was über Year Zero bisher herausgefunden wurde auf einer Wikipedia-mäßigen Seite. Es ist wahnsinnig!

Jedenfalls klappt mir die Kinnlade runter wenn ich das betrachte, was Trent Reznor auffährt. Es gibt ja die üblichen bösen Zungen, die behaupten, dass es offensichtlich nur eine Werbekampagne ist, die Albumverkäufe fördern soll. Aber bitte.. Ich denke nicht, dass NIN sowas nötig hätten und vor allem macht man keine Werbekampagne in so einem Umfang wenn man bereits eine große Fanbasis hat. Es ist eben so, wie Reznor es darstellt: Year Zero ist ein Gesamtkunstwerk. Den Vorwurf, dass er sich einem Thema bediene, welches recht abgegriffen sei und schon von x "Künstlern" behandelt wurde, muss Trent Reznor sich ebenfalls überhaupt nicht gefallen lassen, da

  1. das Thema eigentlich immer aktueller wird und
  2. vielleicht viele Künstler sich damit auseinandergesetzt haben, aber deren Auseinandersetzung neben Year Zero trotzdem nur wie ein Fliegenschiss auf der Windschutzscheibe eines Zehntonners aussieht.

Reznor holt zum absoluten Rundumschlag gegen die Gesellschaft, den Staat, die Medien etc. aus und trifft voll ins Schwarze. Es freut mich einfach zu sehen, dass es immer noch wirkliche Künstler gibt, die eine Message verbreiten wollen und Herzblut in ihre Kunst stecken. Dass es Kritiker gibt, die sich zu schade sind um das anzuerkennen und keine Gelegenheit auslassen um ein bisschen reinzutreten ist klar. So ist das eben immer mit großer Kunst. Art is resistance.


1 comment:

Anonymous said...

hey, klasse rezension. ich stimm' da zu 100% mit dir überein. ich schätze selbst wenn 's ein etwas schlechteres (sprich poppigeres album wie "with teeth") geworden wäre, hätte ich es mir geholt, weil ich eben NIN fan bin. aber die befürchtungen wurden glücklicherweise nicht bestätigt. das ist mit sicherheit eins der besten nin-alben neben "the downward spiral"!